Seit zwei Monaten leben in drei Unterkünften rund 200 Flüchtlinge: Was geschah bisher? Was geschieht zurzeit? Wie geht es weiter?

Nachdem auch die zuletzt im Bären angekommenen Flüchtlinge eingezogen und in der Mühlbachhalle begrüßt worden waren, schrieben wir an dieser Stelle: „Nun gilt es, ein gemeinsames Alltagsleben zu gestalten.“ Davon – und von den ersten Aktivitäten seit Mai 2015 – soll in diesem Rückblick die Rede sein.

 

Was geschah bisher?

19.05.2015: Der Gemeinderat verabschiedet einstimmig eine Resolution, in der es u.a. heißt: „Der Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung möchten gemeinsam mit allen Interessierten eine notwendige Willkommenskultur und eine Kultur des Zusammenlebens schaffen, die ein friedliches und solidarisches Miteinander in Dossenheim ermöglicht.“

29.07.2015: Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis informiert im Martin-Luther-Haus zusammen mit der Gemeinde Dossenheim in einer Bürger­informationsveranstaltung über die geplante Flüchtlingsunterbringung in Dossenheim.

09.09.2015: Die Asylkreis-Mitglieder treffen sich im Martin-Luther-Haus zum ersten Mal in großer Runde und beschließen eine Organisations­struktur, um den rund 200 Flüchtlingen, die das Landratsamt im Hirsch, im Kirchberg und im Bären unterbringen will, helfen zu können: sechs Arbeitskreise für den alltäglichen Kontakt und ein sogenannter „Steuer­kreis“, der diese Aktivtäten koordinieren soll.

16.09.2015: Offener Brief des Bürgermeisters an die Anwohner der Flücht­lingsunterkünfte in Dossenheim. Angeboten wird ein Dialog, um Probleme und deren Lösungen zu diskutieren.

09.10.2015: Ankunft der ersten Flüchtlinge im Hirsch und im Kirchberg

15.10.2015: Erstes gemeinsames Treffen der ehrenamtlichen Helfer/innen und der Asylbewerber/innen im Martin-Luther-Haus

20.10.2015: Ankunft der Flüchtlinge im Bären

26.10.2015: Zweites gemeinsames Treffen, diesmal in der Mühlbachhalle

 

Was geschieht zurzeit?

Hier ein Überblick über die Aktivitäten der sechs Arbeitskreise, in denen sich derzeit etwa 300 (registrierte) Dossenheimer/innen organisiert haben (für alle AK-Beschreibungen empfehlen wir: Schauen Sie sich auf unserer Homepage (www.asylkreis-dossenheim.de) die Bilder an! Das Engagement ist bewundernswert! Die genannte Personenzahl bei jedem Arbeitskreis sind sowohl Aktive als auch interessierte Mitglieder.

Im Arbeitskreis 1 (Deutsch, Dolmetscher, Sprachen), in dem etwa 20 Personen mitarbeiten, wird parallel zu den offiziellen Deutschkursen der VHS die Möglichkeit geboten, die deutsche Sprache zu vertiefen. In einem Haus, das uns von der katholischen Kirche kostenlos zur Verfügung gestellt wurde (Schlüsselweg 7), wird am 1. Dezember ein Sprachcafé eröffnet . In zwangloser Atmosphäre werden sich dort Menschen kennenlernen und über gemeinsame Interessen austauschen können. Über gemeinsames Singen, Spielen, Stricknach­mittage, Backen, ergänzenden Sprachunterricht und ähnliches kann einerseits die deutsche Sprache und Kultur, aber auch andererseits die Kultur des jeweiligen Heimatlandes vermittelt werden.

Der Arbeitskreis 2 (Angebote für Kinder/Jugendliche) hat mittlerweile über 80 Mitglieder. Unterstützt werden Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern in ihrem neuen Leben in Dossenheim. Verschiedene Angebote für Spiel, Sport und Lernen sollen den Kindern einen guten Start ermöglichen und zur Integration beitragen.
Der Arbeitskreis unterteilt sich in drei Arbeitsgruppen:
– Spielzimmer/Krabbelgruppe/Kinderbetreuung
– Unterrichtsbegleitung/Hausaufgabenbetreuung/Nachhilfe
– Projekte (Kochen, Basteln, Ausflüge, Feste etc.)

Der Arbeitskreis 3
(Sachspenden, Kleiderkammer) mit etwa 40 Personen ist zuständig für die Annahme, Verwaltung, Beschaffung und Ausgabe von Sachspenden wie Kleidung, Schuhe, Spielsachen und andere Gegenstände des täglichen Lebens. Die Kleiderkammer ist für Flüchtlinge sowie alle bedürftigen Familien offen. Erste Aufgabe war, vor Ankunft der Flüchtlinge in allen Zimmern Begrüßungstaschen (mit kleinen Alltagsgegenständen) als Willkommensgruß zu verteilen. Benötigte Sachspenden werden immer aktuell auf der Asylkreis-Homepage (www.asylkreis-dossenheim.de) ver­öffentlicht.
Öffnungszeiten der Kleiderkammer: Montag-Mittwoch-Donnerstag: 10-12 Uhr und 15-17 Uhr

Der Schwerpunkt im Arbeitskreis 4 (Patenschaften, Alltagsbegleiter) mit rund 70 Aktiven bzw. Mitgliedern  liegt darin, die Asylbewerber als Ansprechpartner im Alltag zu unterstützen bzw. Alltagsbegleiter zum Beispiel für Arztbesuche, Einkäufe etc. zu vermitteln und die Asyl­bewerber durch Tandem-Paten­schaften mit Dossenheimern in unser Leben hier schnellstmöglich zu integrieren. Eine ausführliche Erläuterung kann der Homepage entnommen werden.

Der Arbeitskreis 5 (Projekte) mit ca. 30 Personen erarbeitet Angebote verschiedenster Art in den Bereichen Sport, Musik, Kultur und Handwerk. Neben der Vermittlung zu Dossenheimer Vereinen und Kulturangeboten sollen weitere Angebote aufgebaut werden (eine Fahrradwerkstatt wird in Kürze eröffnet) sowie Aktionen (wie gemeinsames Kochen, Sport­veranstaltungen) und Ausflüge (in Dossenheim und Umgebung) durchgeführt werden. Näheres ist der Asylkreis-Homepage zu entnehmen, insbesondere der Rubrik „Termine“.

Im Arbeitskreis 6 (Pflege des Umfeldes, Kontakte zur Nachbarschaft), in dem etwa 10 Personen aktiv sind, treffen sich Anwohner im Umfeld der drei Unterkünfte Hirsch, Kirchberg und Bären im direkten Kontakt sowohl mit den Flüchtlingen als auch mit den Nachbarn. Ziel ist ein offenes Gespräch über Sorgen, Sicherheit und Ängste und auch über Bereicherung, Neugier und Fürsorge. Bisher fanden zwei Treffen in der Museumsscheuer statt. Gesprochen wurde über Fragen wie: Was bedrückt Sie? Welche Erfahrungen und welche Anregungen haben Sie für die neue Situation in unserem gewohnten Wohnumfeld? An wen kann ich mich wenden? Die Arbeitskreismitglieder verstehen sich als Ansprechpartner vor Ort. Ihr Motto ist „Es ist besser, die neuen Nachbarn kennenzulernen, als nur über sie zu reden.“

 

Seit Gründung der „geschlossenen“ Facebook-Gruppe „Refugees Welcome – Asylkreis Dossenheim“ Anfang Oktober gibt es nun aktuell 143 Mitglieder. Es besteht ein ausgewogenes Verhältnis: teils Dossen­heimer, teils Bewohner von Hirsch, Kirchberg und Bären. Von den Nationalitäten sind es bis jetzt ausschließlich Syrer. Ausgetauscht werden Bilder, Neuigkeiten, Erfahrungen und vor allem Termine, was sowohl für die Anbieter von Veranstaltungen als auch für die Interessierten sehr praktisch ist. Wenn eine Veranstaltung stattgefunden hat, werden Bilder davon eingestellt und darunter ein Link zum Bericht der Asylkreisseite.

 

Einzelne Angebote bzw. Aktionen fanden bereits statt bzw. werden in die Wege geleitet:
  • Ein Fußballtraining unter Anleitung von Ex-Fußball-Profi Markus Bähr fand statt auf dem Sportplatz des FC Dossenheim mit 16 syrischen Flüchtlingen, der FC spendete Trikots.
  • Die von einem Nachbarn der Bären-Unterkunft gespendeten Fußball-Tore wurden Ende Oktober vor dem Bären aufgebaut, damit die zahlreichen Kinder dort besser Fußball spielen können.
  • Besuch des Spiels der Herren-Handballmannschaft der TSG Germania Dossenheim: Heimspiel gegen Heidelberg in der Schauenburghalle Mitte November; und Besuch des Handball­spiels Dossenheim gegen Schriesheim Ende Oktober: Beide Anlasse boten viel Spaß für die Erwachsenen und Kinder aus den drei Unterkünften!
  • Besuch des Benefizkonzerts für die Flüchtlinge in der Katho­lischen Kirche St. Pankratius am 22. November
  • Teilnahme am Adventskonzert des Kirchenchors der Katholischen Kirche St. Pankratius am 29. November (inkl. Proben und Liedervortrag)
  • Kirchenführung in der Katholischen Kirche St. Pankratius (mit Übersetzung in die arabische Sprache)
  • Zoo-Besuch
  • diverse Dorf-Rundgänge durch Dossenheim
  • Teilnahme am Fußballspiel „Sandhausen gegen Leipzig“
  • Spielaktion mit den Bären-Kindern im Freien vor der Unterkunft mit Inliner und Roller
  • Kleiderkammer-Aktionen: Ausgabe von Schulranzen, Sporttasche und Sportzeug für jedes Grundschulkind sowie rechtzeitige Aus­stattung der Bewohner der drei Unterkünfte mit Winterkleidung und Schuhen
  • Einschulung der Kinder aus Hirsch und Kirchberg in der Neubergschule
  • Einschulung der Kinder aus dem Bären in die Kurpfalzschule
  • Kinderärztliche Untersuchung aller (!) Kinder
  • Einrichtung von Spielzimmern in den Unterkünften Hirsch und Bären, sie sind zwei Mal in der Woche geöffnet (jedes Zimmer verfügt über eine gemütliche Spiel- und Krabbelecke und eine Tischgruppe für Mal- und Bastelangebote sowie für die zukünftige Hausaufgabenbetreuung).
  • Gemeinsames Waffelbacken mit den Kindern sowohl im Hirsch als auch im Bären
  • Laternenbasteln mit den Kindern im Hirsch und im Bären
  • Teilnahme am großen Laternenumzug in Dossenheim vom katholischen Kindergarten zum Kronenburger Hof
  • Führungen durch das Medienangebot der Gemeindebücherei
  • Spenden des Freundeskreis der Gemeindebücherei: Ausleih­ausweise für Flüchtlinge, ein Jahres-Abo der Zeitschrift „Asyl­magazin“ sowie 100 Exemplare des Langenscheidt-Kompendiums „Zeig mal!“, das in allen drei Unterkünften verteilt wurde. Es enthält 600 Bilder zum schnellen Kommunizieren für Flüchtlinge, Helfer und Betreuer.
  • Ankauf von einigen Büchern über Deutschland in englischer Sprache und von für Asylbewerber interessanten Medien (Sprach­lernkurse vielfältigster Art)
  • Bestimmte für den nächsten Flohmarkt eingehende Bücher in englischer Sprache werden statt zum Verkauf demnächst an die Unterkünfte weitergereicht
  • In Vorbereitung ist der Ankauf von Laptops und Tablets aus Mitteln des Bücherflohmarkts zur stundenweise Ausleihe in den Räumen der Bücherei u.a. zum selbstständigen Erlernen der deutschen Sprache (die natürlich auch für jeden anderen Bücherei-Nutzer zur Verfügung stehen).
  • ein Ausflug auf die Schauenburg bei bestem Wetter
  • bereits mehrfach organisierter Einkauf von Halal-Fleisch und anderen arabischen Lebensmitteln
  • Unterstützung bei Anträgen auf Anerkennung von heimatlichen Bildungsabschlüssen (übersetzt, beglaubigt und verschickt an die zuständige Behörde in Stuttgart)
    und vieles andere auch, durchgeführt durch die Paten und Alltagsbegleiter.

Vielleicht fehlt in dieser Aufzählung die eine oder andere Hilfestellung, weil sie im privaten Raum stattfand. In den drei Häusern leben jetzt zumeist Menschen aus Syrien, einige aus Afghanistan, Bosnien und Herzegowina, Albanien und Serbien. Alltagsleben ist jetzt – scheinbar – eingekehrt: für einige mit Sorgen (Tod von Angehörigen im Heimatland, Umgang mit traumatischen Erlebnissen, Ablehnung des Asylantrags), für andere mit Freude (erste Freunde kennengelernt, Aufenthaltsberechtigung für drei Jahre, Schulbesuch hat begonnen).

 

Wie geht es weiter?

Schauen wir nach vorne: Die vergangenen Wochen waren zunächst bestimmt von spontanem Engagement, was zum Teil der kurzfristig erfolgten Information durch das Landratsamt geschuldet war. Das konnte gleichwohl letztendlich bewältigt werden. Darauf folgte eine Phase der Konsolidierung: Arbeitskreise gründeten sich, Ideen wurden Wirklichkeit, manches funktionierte sofort sehr gut, neue Fragen tauchten auf. Was ist nun zu tun?

1. Um die Arbeit in den einzelnen Arbeitskreisen in der erreichten Qualität fortführen zu können, müssen aus dem großen Kreis der registrierten Asylkreismitarbeiter/innen neue Kräfte eingebunden werden.

2. Wir sollten intensiv über Beschäftigungsmöglichkeiten für Asyl­bewerber nachdenken, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Jubiläumsjahr „1250 Jahre Dossenheim“ im Jahr 2016.

3. Quer zu den sechs Arbeitskreisen sollten wir (informelle) Gruppen zu Spezialthemen gründen, etwa zu Themen wie „Anerkennung heimatlicher Bildungsabschlüsse in Deutschland“, „Anerkennung des heimatlichen Führerscheins in Deutschland“, „Medizinische Versorgung von ausländischen Männern und Frauen“ oder „Integrationsfragen von Männern und Frauen“.

4. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Abgrenzung der (hauptamtlichen) Arbeit der Sozialarbeiter des Kreises und der (ehrenamtlichen) Arbeit der Helfer in Dossenheim. Bestimmte Arbeitsfelder wie Anmeldung in der Schule bzw. im Kindergarten sind beispielsweise eindeutig in der Zuständigkeit des Rhein-Neckar-Kreises.

5. Interessant wird die zukünftige Arbeit im Sprachcafé sein: Die zentrale Lage des Gemeindehauses und das direkte Umfeld sind ideal für vielerlei Möglichkeiten.

 

Abschließend sei bemerkt, dass diese Zusammenstellung bewusst nur Dossenheimer Aspekte enthält. Was derzeit in der Bundes- und Landespolitik geschieht, ist nicht unmittelbar hier in Dossenheim beeinflussbar. Die Asylbewerber haben ihre Heimat aus vielerlei Gründen verlassen: Kriege, Bombardierungen, Bedrohung von Leib und Leben sowie die Not um das nackte Überleben. Der Asylkreis bietet Hilfe für die Alltagbewältigung – ganz einfach unter dem Motto: „Willkommen heißen und sich persönlich um die Menschen kümmern.“

 

Dank sagen wir

allen Helferinnen und Helfern, die unermüdlich zur Integration der neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger beitragen.
auch der Dossenheimer Bevölkerung für ihre Bereitschaft zur Auf- und Annahme der „fremden Menschen“.
auch allen Spenderinnen und Spendern für ihre Sachspenden und finanziellen Zuwendungen.

Wer die Arbeit des Asylkreises mit einer Spende unterstützen will, dem sei hier schon vorab gedankt:

Spendenkonto des Dossenheimer Asylkreises:
Gemeinde Dossenheim
Heidelberger Volksbank
IBAN:  DE26 6729 0000 0085 6063 01
BIC:     GENODE61HD1
Verwendungszweck: „Dossenheimer Asylkreis“

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